Schmerzfrei nach der Rücken-OP: Operative Therapien

Rückenschmerzen sind seit Menschengedenken ein leidvolles Thema. Eine Operation ist leider oftmals die letzte Lösung. In der Heilungsphase sollten Sie neben dem rückengerechten Verhalten und regelmäßiger Übungen auch die Symptome und die Nervenfunktionen Ihres Rückens beobachten. In der 7–teiligen Serie „Schmerzfrei nach der Rücken-OP“ erhalten Sie wertvolle Informationen zu diesem Thema.
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Mögliche OP-Verfahren und ihre Komplikationen

Die Operationsmethoden haben sich verfeinert: Viele Rückenleiden werden heute mit minimalinvasiven Methoden schnell und sicher operiert, ohne dass große Veränderungen oder Folgeschäden auftreten.

Wenn Ihr Arzt eine "dringliche Indikation" zu einer Operation sieht, sollten Sie nicht lange zögern. Denn andernfalls können Dauerschäden am Rückenmark, an den Nerven, aber auch an anderen Bereichen der Wirbelsäule zurückbleiben. Natürlich bleibt bei jeder Operation ein Restrisiko, dass z. B. eine Eiterung auftreten oder ein Nerv verletzt werden kann. Diese Risiken sind aber sehr selten.

Wenn eine Operation aber nicht ganz so dringlich ist "relative Indikation", also wenn keine Lähmungen aufgetreten sind, sondern nur ein leichtes Taubheitsgefühl und mäßige Schmerzen vorhanden sind, können Sie zunächst auch abwarten. Untersuchungen zeigten, dass die Therapieergebnisse mit oder ohne Operation bei Rückenschmerz-Patienten nach einem Jahr annähernd gleich waren.

Die operativen Methoden an der Wirbelsäule sind inzwischen sehr vielfältig, sodass heutzutage fast alle schwerwiegenden Krankheiten gut und sicher behandelt werden können. Allerdings können Beschwerden nach einer erfolgreichen Bandscheibenoperation mitunter bestehen bleiben oder sich auch verlagern. Daher ist ein konservativer Therapieversuch bei vielen Rückenkrankheiten über 3 Monate gerechtfertigt, wenn keine dringliche Operationsindikation wie eine zunehmende Lähmung oder eine Blasen-Mastdarm-Störung (Wenn die Nerven im Rückenbereich gequetscht werden), bestehen.

Achtung: Besteht eine Schwäche oder sogar Lähmung eines Muskels von mindestens 30–40 % Kraftminderung gegenüber der gesunden Extremität, kann eine vollständige Regeneration nur dann erwartet werden, wenn die Nervenkompression innerhalb von 1–2 Wochen, spätestens innerhalb von 30 Tagen verschwunden ist (entweder spontan oder durch Spritzen oder Operation). Je schwerer die Lähmung ist und je länger sie anhält, umso unwahrscheinlicher ist die vollständige Wiederherstellung der Nervenfunktion.

Bringt dagegen eine konservative Therapie nach einigen Monaten keinerlei Besserung, oder tritt sogar eine Verschlechterung – oder gar eine Lähmung – ein, sollten Sie das Für und Wider einer Operation mit Ihrem Arzt abklären.

Sie sollten sich allerdings aber nicht der Illusion hingeben, dass nach Ausheilung einer Rückenoperation die Wirbelsäule immer wieder genauso leistungsfähig und belastbar sein wird, wie sie in gesunden Zeiten einmal gewesen ist. Eine Operation ist zwar eine Wiederherstellung der Wirbelsäulenfunktion, diese entspricht aber aus vielfältigen Gründen (fehlende Pufferfunktion der Bandscheibe), postoperative Veränderung der Beweglichkeit der Wirbelsegmente oft nicht mehr ganz der ursprünglichen Biomechanik.

Operative Verfahren

Die modernen minimalinvasiven Operationsmethoden zerstören das umgebende Gewebe nur gering. Oft arbeitet der behandelnde Arzt an der Lendenwirbelsäule mit einem Operations-Mikroskop (mikrochirurgische Technik). Auch die Anwendung von Endoskopen (endoskopischer interlaminärer Zugang oder endoskopischer transforaminaler Zugang) ist möglich. Interlaminär (oder posterior) bedeutet, dass die Operation von hinten durch die Wirbelbögen erfolgt. Transforaminal (oder lateral) heißt, dass der Wirbelkörper von der Seite operiert wird, um besser an den Nervenaustrittskanal zu gelangen.

Die Indikationen und Methoden für eine Rückenoperation können sehr vielfältig sein:

  • Bei einer Wirbelgelenkarthrose kann eine Verödung der kleinen Wirbelgelenke durch Hitze oder Kälte hilfreich sein.
  • Bei einer Bandscheibendegeneration kann durch einen sehr kleinen Schnitt ein Platzhalter (dynamischer interspinöser Spacer) zwischen den Dornfortsätzen eingesetzt werden. Dadurch werden die arthrotischen Wirbelgelenke entlastet und der Spinalkanal durch die Aufspreizung ein wenig erweitert.
  • Operation einer Bandscheibenvorwölbung oder eines Bandscheibensequesters von hinten mit Eröffnung des Lig. flavum, mitunter auch von seitlich bei Verlegung des Neuroforamens
  • Operation einer spinalen Stenose mit Erweiterung des Spinalkanals durch verschiedene Zugänge und verschiedene Methoden
  • Stabilisierungsoperationen von Wirbelsegmenten durch verschiedenste Methoden: Implantation von Schrauben, Platten, Stäben, Bandscheibenspreizern, Cages aus Metall. Die modernen Implantate können problemlos über winzige Hautschnitte von hinten, von der Seite oder von vorn implantiert werden. Je nachdem, von welcher Seite des Rumpfs operiert wird, heißen diese Methoden: posteriore lumbale interkorporale Fusion, transforaminale lumbale interkorporale Fusion, Extreme lateral Interbody Fusion oder ALIF-Technik. Zusätzlich werden mitunter auch Knochenteile aus dem Becken des Patienten zum Einwachsen implantiert.
  • Aufrichtungsoperationen bei schweren Skoliosen oder Kyphosen mit den unterschiedlichsten Materialen und über unterschiedliche Areale und Strecken der Wirbelsäule
  • Aufrichtung oder Stabilisierung von eingebrochenen Wirbelkörpern bei Osteoporose mit Ballonkathetern und evtl. auch unter Verwendung von Knochenzement (Kyphoplastie)
  • Operative Stabilisierung von Frakturen der Wirbelkörper und Wirbelbögen
  • Implantation einer künstlichen Bandscheibe
  • Entfernung von Knochentumoren und anschließende Stabilisierung
  • Operation von Tumoren am Nervensystem oder anderen Gebilden der Wirbelsäule (Synovialzysten usw.)
  • Entfernung eines Wirbels und Verblockung der angrenzenden Wirbel mit Knochen oder Implantation eines Titankorbes zur Überbrückung der entstandenen Lücke
  • Bei Infektionen müssen oft einige Teile der Wirbelsäule entfernt und Antibiotika-Ketten (Metallketten mit Antibiotika-Kügelchen) eingebracht werden
  • Auch an der Halswirbelsäule sind mikroneurochirurgische Operationen möglich. Bei einem operativen Zugang von vorn kann eine degenerative Bandscheibe entfernt werden, um an den Bandscheibenvorfall zu gelangen. Die Bandscheibe wird dann durch einen Platzhalter aus Titan, Kunststoff oder Knochen ersetzt. Eine Implantation einer zervikalen Bandscheibenprothese, die operative Stabilisierung von Bandläsionen oder Knochenbrücken sind möglich. Auch die operative Stabilisierung eines abgebrochenen Fortsatz des 2. Halswirbels durch den Mund wird durchgeführt. Seitlich gelegene Bandscheibenvorfälle können über einen Zugang von hinten operiert werden.
  • viele andere Operationsmethoden

Jede dieser Operationen kann ein oder mehrere Wirbelsegmente betreffen.

Auch die operativen Zugangswege sind von Fall zu Fall verschieden (großer Schnitt, kleiner Schnitt mit OP-Mikroskop, endoskopisch mit Kamera usw.). Dabei werden unterschiedliche Teile der Wirbelsäule entfernt bzw. stabilisiert. Dafür werden die verschiedensten Materialen implantiert, welche unterschiedliche Einheilungszeiten haben, sodass sie unterschiedlich schnell belastbar sind.

Das allein zeigt schon, dass bei jedem Operationsverfahren viele Faktoren zu beachten sind, bevor eine spezifische, auf die Operationstechnik und die Krankheit abgestimmte Übungsbehandlung begonnen werden kann. Deshalb entscheidet der Operateur im Einzelfall nach den o. a. Kriterien, wie, wann und welche Übungen nach der OP ausgeführt werden dürfen.

Wenn nach der Operation die Schmerzen zunehmen

Meistens tritt schon direkt nach einer Operation eine Besserung der Beschwerden auf. Kommt es nach einigen Tagen bzw. Wochen aber wieder zu einer Verschlechterung der Beschwerden, können unter anderem folgende Ursachen dafür verantwortlich sein:

häufig:

  • Schmerzen in der Operationswunde, vorwiegend im Bereich der operierten bzw. durchtrennten Rückenmuskulatur
  • asymmetrische Überlastung der Wirbelsäule, bedingt durch eine schmerzbedingte (skoliotische) Fehlhaltung
  • Verspannungen der Rückenmuskulatur, vor allem durch langes Stehen, Gehen oder Sitzen
  • weiter bestehende Reizung und Entzündungsreaktion eines anhaltend komprimierten Nervs

selten:

  • stärkerer Bluterguss (Hämatom) im Spinalkanal, vor allem bei Gerinnungsstörungen oder bei Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten
  • Infektion der Wunde mit Bakterien, Eiterung
  • Verletzung der Rückenmarkshäute während der OP
  • erneutes Vorwölben oder Herauspressen des noch im Faserring verbliebenen restlichen Gallertkerns
  • postoperativ zunehmende Instabilität des operierten Wirbelsegmentes nach Entfernung von Bändern, Knochen und / oder Bandscheibenanteilen
  • Lockerung von eingebrachtem Material (Metallschrauben, Platten, Prothesen)

Eine Zunahme der Schmerzen im Verlauf der Heilung kann auf eine Fehlbelastung oder auf eine andere Komplikation hinweisen.

Weitere Informationen zu den operativen Therapieformen sowie Tipps zur Alltagsbewältigung nach der OP und Übungen bei akuten Rückenschmerz finden Sie in dem Buch „Schmerzfrei & aktiv nach der Rücken-OP“ von Dr. med. Christoph Schönle.

Informationen zum Buch

Schmerzfrei & aktiv nach der Rücken-OP, ISBN: 9783432115412, Autor: Dr. med. Christoph Schönle, 160 Seiten, Preis: 19,99 €

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