Büro - Sitzen, stehen und bewegen

Immer mehr Menschen verbringen den Großteil ihres Tages im Sitzen. Die Anzahl der Bildschirmarbeitsplätze steigt seit Jahrzehnten stetig an und auch in der Freizeit dominiert Sitzen den Alltag vieler Menschen.
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Diese Entwicklung bleibt nicht folgenlos: Vor allem in Kombination mit Bewegungsmangel kann die einseitige Haltung zu schmerzhaften Rückenbeschwerden und im Zuge ungünstiger Stoffwechselbedinungen weiteren degenerativen Erkrankungen führen. Dazu kommt: Durch stundenlanges und monotones Sitzen wird das Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen (Hormone, Proteine) versorgt. Geistige Funktionen bauen ab, Aufmerksamkeit, Konzentration, Leistungsfähigkeit nehmen spürbar ab und die Produktivität lässt nach.

Kein Wunder, dass Schlagzeilen wie diese zunehmen: „Sitzen ist das neue Rauchen“, „Sitzen ist tödlich“ oder „Sitzen macht dumm“. Orthopäden, Bewegungs- und Arbeitswissenschaftler fordern deswegen mehr körperliche Aktivität, die in den (Büro-) Alltag integriert wird. Das heißt mehr Sitzhaltungswechsel, mehr Sitz-Steh-Dynamik und mehr Bewegung in den uns zu Verfügung stehenden Räumen. Eine Faustregel lautet: 50 Prozent sitzen, 25 Prozent stehen und 25 Prozent bewegen. In der Konsequenz: Mehr Sitzdynamik während des Sitzens und deutlich weniger Sitzzeiten.

Die gute Nachricht: Industrie und viele Arbeitgeber haben die empirisch belegten Daten zu den folgenschweren Auswirkungen der dauerhaft sitzenden Arbeitshaltung bereits erkannt. Um den komplexen Zivilisationserkrankungen vorzubeugen und die „Workability“ (Arbeitsfähigkeit) der Menschen aufrechtzuerhalten, sind die nachfolgenden geprüften und zertifizierten Empfehlungen für verhältnispräventive Lern-, Büro- und Freizeiträume von grundlegender Bedeutung. Die produktspezifischen Funktionen verfolgen den Anspruch, bedarfsgerechte und damit physiologische Verhaltensweisen weitgehend zu ermöglichen.

Vom statisch-passiven zum aktiv dynamischen Sitzen

Unumstritten ist, dass der Sitzarbeitsplatz neben dem Arbeitstisch immer noch die Basis jeder Büroausstattung bzw. jedes Heimarbeitsplatzes ist und trotz aller mahnenden Hinweise, dass wir für das längere Sitzen nicht geschaffen sind, auch in Zukunft eine dominante Rolle einnehmen wird. Allerdings setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass regelmäßige Bewegung für den Erhalt unserer körperlichen und geistigen Funktionen elementar ist und somit ein (Büro-) Stuhl, der bewegungsfördernde Funktionen aufweist, immer mehr an Bedeutung gewinnt.

So ist es nicht nur wichtig, dass (Büro-) Stühle allein auf die Körperproportionen der Nutzer anpassbar sind, ein Stuhl sollte die natürlichen und spontanen Sitzpositionsveränderungen der Nutzer zulassen und diese sogar fördern. Aktive und dynamische Sitzkonzepte unterstützen ein koordiniertes Zusammenspiel von Beinen, Becken, Wirbelsäule, Schultern und Kopf.

Dadurch werden —

  • physiologische Haltungswechsel unterstützt —
  • körpereigene (senso-neuro-muskuläre) Regelkreisläufe gefördert
  • die Bandscheiben permanent mit Nährstoffen versorgt —
  • die komplexen Rückenmuskeln stimuliert —
  • die mehr als 100 Gelenke an der Wirbelsäule in Bewegung gehalten —
  • die inneren Organe dynamisch aktiviert — die Blutzirkulation und damit die Sauerstoffversorgung optimiert —
  • Hirnstoffwechselprozesse und damit Aufmerksamkeit und Konzentration aufrechterhalten

Gesundes Sitzen auf rückenfreundlichen (Büro-) Stühlen

Jeder Stuhl, der für eine bestimmte Sitzphase besessen wird, sollte in seiner Form und Funktion so konzipiert sein, dass dessen Nutzung unsere Gesundheit nicht gefährdet. Ein „ergodynamischer“ (Büro-) Stuhl entspricht dem persönlichen Sitzkomfort bzw. Sitzbedarf und lässt natürliche rhythmische Be- und Entlastungswechsel auch im Sitzen zu. Ein solches physiologisches Sitzverhalten trägt entscheidend dazu bei, dass unsere derzeit zivilisationsbedingte Bewegungsarmut verringert wird.

In den letzten Jahren haben sich die ergonomischen Anforderungen an (Büro-) Stühle deutlich verändert. Zielte der klassische (Büro-) Stuhl auf die optimale Abstützung der Oberschenkel, des Gesäßes und des Rückens ab, so steht heute die Anforderung nach aktiven und variablen Sitzhaltungswechseln im Vordergrund. Die meisten Hersteller von (Büro-) Stühlen haben die auf wissenschaftlichen Daten basierenden physiologischen Erfordernisse nach intuitiven und bedarfsgerechten Sitzhaltungswechseln in technische Sitzfunktionen umgesetzt, so dass es inzwischen eine Vielfalt an (Büro-) Stühlen gibt, die diesem Anspruch weitestgehend entsprechen.

Da Nutzerbedürfnis, Nutzungsdauer und individuelles Wohlbefinden wichtige Auswahl-Parameter darstellen, unterteilen wir unsere Sitzmöbelempfehlungen in unterschiedliche Kategorien. Diese sollen bei der Auswahl helfen, denn beim passenden Stuhl kommt es auch darauf an, wo er zu Einsatz kommen soll.

Gesundes Sitzen mit einem rückenfreundlichen Bürostuhl

Der rückengerechte Standard-Bürostuhl verfügt über intuitive Bedienelemente womit sich Sitzhöhe und -tiefe leicht an die individuellen Bedürfnisse anpassen lassen. Die Sitzfläche lässt sich darüber hinaus auch in der Neigung verstellen. Sitz- und Rückenlehne sind mit einer Synchronmechanik ausgestattet. Die Synchronmechanik kombiniert eine Rückwärtsbewegung der Rückenlehne mit einer darauf abgestimmten Absenkung der Sitzfläche im hinteren Bereich – also eine Veränderung des Öffnungswinkels zwischen Ober- und Unterkörper, was zu einem komfortableren Sitzen in zurückgelehnter Haltung führt.

Alle AGR-geprüften Standard-Bürostühle verfügen zudem über eine wirkungsvolle Tiefenfederung, die für ein Abfedern beim Hinsetzen sorgt und dadurch Wirbelsäulenstauchungen vermeidet. Für eine Entlastung der Schulter- Armmuskulatur sorgen höhenverstellbare Armlehnen, die idealerweise auch in der Breite und Tiefe verstellbar sowie drehbar sind. Ein individuell oder automatisch einstellbarer Rückenanlehndruck sowie eine ausgewogene Unterstützung durch eine hohe Rückenlehne gehören ebenfalls zur rückengerechten Grundausstattung.

Der Standard-Bürostuhl für erhöhte Arbeitsplatzanforderungen

Viele Arbeitsplätze erfordern ein Sitzen – auch im Wechsel mit Stehen – in einer höheren Arbeitsposition, um beispielsweise mit Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren. Hierfür ist z. B. ein erhöhter Büro-Drehstuhl mit individuell anpassbarem Fußring erforderlich. Um ein rückenfreundliches Arbeiten in erhöhter Sitzposition zu gewährleisten, müssen die gleichen Anforderungskriterien wie beim Standard-Bürostuhl erfüllt werden.

Verschiedene Stuhlkategorien:

1. Standard-Bürostühle sind die „gesunde Basisausstattung“ eines jeden Büros. Sie verfügen über die elementaren Verstellmöglichkeiten, ohne die ein ergonomisches Sitzen gar nicht möglich ist.

2. Aktiv-Bürostühle bieten mehr Bewegung im Sitzen, als Standard-Bürostühle. Mit ihrer mehrdimensional beweglichen Sitzfläche lassen sie eine höhere Anzahl an Haltungswechseln zu. Aktiv-Bürostühle ermöglichen dem Sitzenden viele unbewusste, selbstorganisierte und bedarfsgerechte Positionswechsel.

3. Aktiv-Stühle verfügen meist ebenso über sehr bewegliche Sitzflächen wie Aktiv-Bürostühle und bringen viel Bewegungsspielraum an den Schreibtisch. Dabei gibt es Modelle mit und ohne Rückenlehne sowie Varianten, die für den temporären (zeitlich begrenzten) Einsatz gut geeignet sind – entscheidend für die Auswahl ist das persönliche
Wohlbefinden sowie der Einsatzzweck. Aktiv-Stühle, die das TÜV/GS-Zeichen tragen, sind für alle Büro-Arbeitsplätze zugelassen, auch wenn sie nicht alle Bürostuhl-Normen erfüllen.

4. Aktiv-Stühle für das Arbeiten an Steh-Sitzarbeitsplätzen (Steh-Sitzstühle) finden ihren Platz zur Entlastung an Hochtischen und Stehpulten oder in der Produktion an Steh-Sitzarbeitsplätzen und bieten dem Nutzer zusätzliche
Möglichkeiten für einen Positionswechsel.

5. Mehrzweckstühle sind, wie der Name schon sagt, nicht für einen bestimmten Zweck vorgesehen. Sie finden unterschiedliche Anwendung, zumal sie meist dort zum Einsatz kommen, wo das Publikum ständig wechselt. So zum Beispiel in Büros als Besucher- oder Konferenzstühle.

Wichtig: Es soll kein Sitzmarathon stattfinden. Organisieren Sie Ihren Arbeitsplatz daher so, dass Sie möglichst viel Bewegung in den Arbeitsalltag integrieren können.

Tipps für den bewegten Alltag:

  1. Erledigen Sie Besprechungen und Telefonate weitestgehend im Stehen oder im Auf- und Abgehen.
  2. Verzichten Sie auf Aufzüge und Rolltreppen und nehmen Sie stattdessen die Treppe.
  3. Holen Sie Dinge selbst, statt sie sich mitbringen zu lassen.
  4. Überlegen Sie sich einen „bewegten“ Weg zur Arbeit (zu Fuß, mit dem Fahrrad, eine U-Bahn- oder Busstation früher aussteigen, einen Parkplatz wählen, der circa 10 Minuten vom Arbeitsplatz entfernt liegt).
  5. Machen Sie Spaziergänge in der Pause oder nach Feierabend.
  6. Wenn Sie über etwas nachdenken müssen, gehen Sie ein paar Schritte. Das hilft beim Strukturieren von Gedanken.
  7. Organisieren Sie Ihre Arbeitsabläufe so, dass Wege entstehen, zum Beispiel durch die Verlagerung des Druckers und des Kopierers in einen anderen Raum oder indem Sie Kollegen persönlich aufsuchen, anstatt ihnen eine E-Mail zu schreiben.
  8. Führen Sie Besprechungen während eines Spaziergangs im Freien durch („Walk and Talk“).
  9. Wenn Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren: Bevorzugen Sie einen Stehplatz und spielen Sie mit Ihrem Gleichgewicht und der Dynamik des sich bewegenden Verkehrsmittels.
  10. Auf den Arbeitstag verteilt sollten Sie mindestens 2,5 bis 4 Stunden stehen oder leichte körperliche Arbeiten verrichten, je nach Aufgabenbereich. Denn Alltagsbewegungen wirken sich positiv auf die Rückengesundheit, aber auch auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel aus und senken damit entscheidend das Risiko für Herzinfarkte, Diabetes, Osteoporose, bestimmte
  11. Krebserkrankungen und Depressionen. Außerdem fördern sie die geistige Aktivität.

Quelle: Aktion Gesunder Rücken e. V. - AGR-Magazin Ausgabe 31

www.agr-ev.de/buerostuehle

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